Facebook misst nun, wie lange NutzerInnen Ihre Beiträge betrachten.

18. Juni 2015   Mattes Sarcander  

Facebook misst nun, wie lange NutzerInnen Ihre Beiträge betrachten.

Beitrags-Interaktionen, also die Zahl an Klicks, Kommentaren, Likes und Teilungen, die ein Beitrag erhält, ist nicht nur für uns, sondern auch für Facebook eine wichtige Messgröße. 

Hat unser Beitrag erst einmal einen Platz in der Chronik unserer Fans ergattert, dann bleibt er dort keineswegs für immer. Bei hoher Konkurrenz kann er schon nach wenigen Stunden so weit nach unten gerutscht sein, dass seine Chance auf Aufmerksamkeit vertan ist. 

Andere Beiträge wiederum halten sich bedeutend länger in guten Positionen. Das sind dann meist Inhalte, die viele Interaktionen hervorgerufen haben. Vielleicht wurde er oft geteilt. Vielleicht ist in den Kommentaren auch eine Diskussion entbrannt. All dies nimmt Facebook als Indiz für das Interesse der Fans am Inhalt. 

Treten solche Interaktionen auf, dann erhöht sich damit der interne Punktestand des Inhalts. Das Resultat: Der Beitrag bleibt länger in den Chroniken sichtbar und rutscht vielleicht sogar weiter nach oben.

Neuer Faktor für die Position in der Chronik

In einer Pressemeldung vom 12. Juni hat Facebook nun angekündigt, dass sich zu diesen Beitrags-Interaktionen ein neuer Messwert gesellen wird, der zukünftig über die Position in den Chroniken entscheidet: Die Zeitdauer, die ein Beitrag betrachtet wird. 

Vielleicht liest eine Nutzerin Ihren Beitrag mit Interesse, wird dann aber durch einen Telefonanruf abgelenkt, bevor sie ihn an ihre FreundInnen teilen kann. Vielleicht ist Ihr Beitrag bedrückender Natur, beschreibt etwa die Auswirkungen der Austeritäts-Politik auf Griechenlands Gesundheitssystem. Einem Nutzer kommt es deshalb eventuell unpassend vor, bei diesem Inhalt Gefällt mir zu klicken. Er hat den Text gelesen, aber das Gelesene gefällt ihm natürlich nicht.

In beiden Beispielen verweilten die NutzerInnen bei Ihrem Beitrag, lösten aber sonst keine Interaktionen aus. Mit der Neuerung, die nun in den nächsten Wochen schrittweise eingeführt werden soll, wird Facebook solche Situationen nun besser abgreifen können. Die Verweildauer wird als neuer Qualitätsfaktor mit in die Bewertung Ihres Beitrags spielen.

Diese Vorgehensweise Facebooks ist in der Industrie kein Novum. Viele Suchmaschinen und Nachrichtenportale nutzen die Verweildauer schon lange erfolgreich für die Bewertung des Erfolgs der eigenen Inhalte. Facebook zieht nun nach, indem es diese Messgröße in die eigenen Systeme übernimmt.

Was ändert sich dadurch?

Für die Arbeit im Non-Profit-Bereich werden sich aller Voraussicht nach keine überragenden Änderungen ergeben. Auch ohne unser Zutun könnte dieser neue Qualitätsfaktor durchaus positiv wirken. Der Facebook-Auftritt einer Gewerkschaft oder eines Vereins ist auch bisher meist von inhaltlich wertvolleren Beiträgen geprägt. Die Veweildauer könnte diese Tatsache nun auch ohne bekommene Likes widerspiegeln.

Im KonsumentInnen-Bereich wird die Aktualisierung der Chronik-Algorithmen mit Sicherheit zu einer Schwemme von Finde-den-Unterschied-Bildern, Wort-Such-Quizzes und ähnlichem führen, um den neuen Qualitäsfaktor auszunutzen und so die Reichweite der eigenen Beiträge zu maximieren. Facebook wird dann über kurz oder lang mit einer weiteren Änderung des Bewertungssystems antworten, um Beiträge dieser Art abzustrafen.

Der Non-Profit-Bereich spielt nach anderen Regeln. Bei uns zählt Qualität meist mehr als Katzenbilder. Die blinde Jagd nach Algorithmen-Updates sollte uns deshalb nicht in Anspruch nehmen.

Eine nachhaltige Facebook-Strategie sollte sich ohnehin an den eigentlichen Organisations-Zielen orientieren, nicht am ungewissen Wert der Reichweite.

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