Interessen-Anker

20. August 2015   Mattes Sarcander  

Interessen-Anker

Öffentlichkeitsarbeit ist schon der Definition nach eine affirmative Angelegenheit. Wir möchten die Menschen für die Anliegen unserer Organisation begeistern. Wir können sie aber schlecht dazu zwingen, sie würden ihre Aufmerksamkeit schlicht anderen Dingen zu- und von unserem Thema abwenden. Öffentlichkeitsarbeit findet also ein einem völlig freiwilligen Setting statt. Auf Facebook wird dieser Aspekt noch einmal verstärkt, weil die NutzerInnen in ihrer Chronik mit einer Überfülle an Informationen überschüttet werden. Um unter diesen Bedingungen Gehör zu finden, müssen wir uns auf Facebook noch mehr als ohnehin schon an den Interessen unserer Zielgruppen ausrichten. Durch diesen affirmativen Charakter laufen wir Gefahr, nur die Personen zu erreichen, die auch vorher schon überzeugt von unseren Positionen waren. Darum gibt es so viele Facebook-Seiten von Gewerkschaften, dir nur GewerkschafterInnen ansprechen, oder Partei-Seiten, deren Fans nur aus Mitgliedern bestehen usw.

Grundsätzlich ist dieses Phänomen ja nichts Schlechtes. Natürlich kann eine Facebook-Seite dazu dienen, die Beziehung zu den eigenen Mitglieder auch im Netz zu pflegen. Was aber können wir tun, um auch Personen außerhalb dieses Kreises zu erreichen? Um die Freiwilligkeit kommen wir nicht herum. Wir müssen unsere Inhalte so gestalten, dass sie außerdem der das Interesse eines neuen Personenkreises ansprechen. Wir brauchen einen Interessen-Anker - einen Weg, unsere Kern-Interessen und die Interessen einer möglichen neuen Zielgruppe miteinander zu verbinden. Im Grunde enhalten viele Themen, Angebote oder Veranstaltungen ja ohnehin schon verschiedene Themen, wir müssen nur unseren eigenen Blick für solche Interessen-Anker zu schulen.

Eine Gewerkschaft könnte beispielsweise einen Vortrag organisiert haben, der über die aktuellen Arbeitskämpfe in Argentinien informiert. Der ursprüngliche Plan war klar: Internationale Arbeitskämpfe sind für gewerkschaftlich Engagierte natürlich ein interessantes Thema. Es macht also durchaus Sinn, diese Veranstaltung auch auf Facebook bei dieser Zielgruppe zu bewerben. 

Gleichzeitig handelt der Vortrag aber offensichtlich auch von Argentinien! Das könnte ein thematischer Interessen-Anker sein. Auch Personen, die sich hauptsächlich für Argentinien interessieren, können von dieser Veranstaltung angesprochen werden. Es wäre also einen Versuch wert, auch diese Zielgruppe mit einer Facebook-Anzeige anzusprechen. Vielleicht kommen sie ja zur Veranstaltung - und sind danach auch den lokalen gewerkschaftlichen Bestrebungen näher gekommen.

Neben dieser thematischen Verankerung ist auch eine methodische Öffnung für eine andere Zielgruppe denkbar. Vielleicht möchten Sie beispielsweise mehr junge Leute ansprechen. Auf Ihren bisherigen, inhaltlich hochwertigen Veranstaltungen tauchen aber fast nur Personen auf, die 50 und älter sind. Was kann hier getan werden? Oft ist es in diesem Fall sinnvoll, nicht über den Inhalt nachzudenken, sondern über die Form der Vermittlung. Ein Format wie etwa die Podiumsdiskussion ist in der politischen Bildung etabliert, aber nicht unbedingt die ideale Form, um junge Menschen anzusprechen. Viel mehr Erfolg könnte man hier etwa mit einem Planspiel haben, das im Rahmen eines schulischen Projekttags durchgeführt wird. Das würde natürlich zu Beginn mehr Arbeitsaufwand bedeuten, könnte dafür aber in derselben Form oft wiederholt werden. 

Vielleicht planen Sie in Ihrer Organisation gerade eine größere Kampagne. Dann kann es auch sinnvoll sein, über eine eigene Facebook-App nachzudenken. Gerade Themen aus dem ökologischen oder wirtschaftlichen Bereich lassen sich sehr gut als Simulations-Spiele darstellen. Solche Spiele können dann direkt in Ihren Facebook-Auftritt integriert werden. Mit einem Spiel in App-Form schlagen Sie gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Ihr Thema wird in der interaktiven Darstellung schlüssig und niederschwellig vermittelt. Und gleichzeitig sprechen Sie damit auch junge Menschen sehr gut an. Schreiben Sie mir gern, wenn Sie zu dieser Möglichkeit mehr erfahren möchten.

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