Sie sollten auf Ihrer Facebook-Seite nicht nur über sich selbst schreiben. Diesen Ratschlag gab es hier im Blog schon des öfteren. Der Grund ist recht simpel: Der Großteil ihrer Zielgruppe, ganz gleich ob sie nun schon Fan ihrer Seite geworden sind oder nicht, interessiert sich nicht zum reinen Selbstzweck für Ihre Organisation. Stattdessen steht die Organisation für etwas, dass die Menschen eigentlich interessiert.
Eine Umweltschutzorganisation setzt sich für ökologisches Umdenken, für nachhaltige Strukturen ein. Ein Eine-Welt-Verein für die Idee des fairen Handels, oder auch konkret für Fair-Trade-Produkte. Eine Gewerkschaft steht für Solidarität im Betrieb, aber auch konkret für ArbeitnehmerInnen-Rechte und ähnliches.
Daraus ergeben sich auch die Inhalte, die die Fans Ihrer Seite erfahren möchten. Es ist natürlich völlig richtig, auch konkret über die eigene Organisation, die Fortschritte der aktuellen Projekte usw. zu berichten. Es ist aber auch sinnvoll, die eigenen Beiträge um andere Inhalte zu bereichern.
So weit so gut, aber wie erfahren Sie , welche anderen Inhalte Sie veröffentlichen sollten?
Haben Sie schon ein paar Hundert Fans, dann können Sie sie ganz einfach fragen. Schreiben Sie eine kurze Frage und bitten Sie um Antworten in den Kommentaren. Es gibt für Umfragen auch eigene Facebook-Apps, aber die Recherche und Einrichtung lohnt sich nur, wenn Sie vorhaben, von nun an regelmäßig Umfragen zu starten.
Sie können die Menge der Antworten erhöhen, indem Sie bereits formulierte Antworten vorgeben (und trotzdem um zusätzliche Antworten bitten). Facebook ist ein sehr kurzweiliges Medium. Durch vorgegebene Antworten reduzieren Sie die zeitliche Hürde, die die NutzerInnen bis zu einer Antwort überwinden müssen. Dadurch werden weniger Fans abspringen, bevor sie eine Antwort formuliert haben.
Damit sind wie aber bei einem Henne-Ei-Problem: Welche Antworten sollen Sie vorgeben? Die Antworten sind ja eigentlich das, was Sie von den Fans erfahren wollten.
Sie werden nicht umhin kommen, zu Beginn selbst zu raten. Wenn Sie schon ein relativ klares Bild Ihrer Zielgruppe haben, dann ist das auch gar nicht so schwer. Sie müssen sich nur 30 bis 60 Minuten ungestörter Denkzeit organisieren. Gehen Sie ruhig aus Ihrem Büro in den Park oder in ein Café, und schalten Sie ggf. Ihr Diensthandy für dieses Zeitfenster lautlos. Der Mehraufwand lohnt sich, weil Sie frei von Störungen weit schneller zu guten Ergebnissen kommen. Vergessen Sie Zettel und Stift bzw. Ihr Notebook nicht :)
Versuchen Sie, folgende Fragen aus Sicht Ihrer Zielgruppe zu beantworten:
- Für welche Themen interessiert sich Ihre Zielgruppe?
- In welchen Bereichen wird Ihre Organisation als kompetent angesehen?
- Welche themenrelevanten Fragen Ihrer Zielgruppe kann Ihre Organisation beantworten?
- Welche themenrelevanten Probleme Ihrer Zielgruppe können Sie lösen, ohne, dass Ihre Zielgruppe das von Ihnen weiß?
- Was sind wichtige Tätigkeiten Ihrer Organisation, die öffentlich bisher kaum wahrnehmbar, aber eigentlich interessant für Ihre Zielgruppe sind?
- Über welche Zielgruppen-Interessen können Sie gut berichten, weil Sie z.B. gut zum Thema vernetzt sind?
Diese Fragen sollen nur kleine Denkanstöße sein. Die Antworten werden sich teilweise überlappen. Im Kern geht es darum, die Schnittmenge zwischen den Interessen/Kompetenzen Ihrer Organisation und den Interessen Ihrer Zielgruppe herauszufinden.
Ihre Antworten sind am Anfang einfach eine Auflistung von geeigneten Themen. Erkennen Sie Muster? Tauchen bestimmte Themen immer wieder auf? Dann sollten das Ihre Favoriten für neue Beitragsinhalte werden.
In einem nächsten Schritt könnten Sie versuchen, die Themen zu gruppieren und sich konkrete Beitragsideen zu überlegen. Die Inhalte können dabei ruhig länger als ein typischer Facebook-Eintrag werden. Dann wird daraus eben ein Blogeintrag, den Sie bei Facebook verlinken. Oder Sie sammeln solche Inhalte, und lassen daraus eine eigene Facebook-App entwickeln. Das würde Ihre Facebook-Seite zu einem richtigen Ratgeber zum Thema machen. Sie können davon ausgehen, dass sich das positiv auf die Interaktionen mit Ihren Fans auswirken wird.
Ein Beispiel: Eine Gewerkschaft ist, an einem hohen betrieblichen Organisationsgrad interessiert. Im Kollektiv können die ArbeitnehmerInnen ihre Forderungen besser realisieren. Darüber kann sie aber nicht in einem fort sprechen, sie würde wie eine Versicherungsverkäuferin wirken. Als Antworten auf die obigen Fragen kämen aber viele konkrete Probleme heraus, in denen sie eine kompetente Ansprechpartnerin ist.
Azubis möchten wissen, wie ihre Berichtshefte ausgefüllt werden müssen. Ob sie nach der Berufsschule noch einmal in den Betrieb müssen. Ob auch sie Anspruch auf Bildungsurlaub haben, oder nur die ArbeitnehmerInnen. Ob sie ihre Arbeitsmittel selbst kaufen müssen. Ob sie streiken dürfen usw. usf.
ArbeitnehmerInnen möchten wissen, ob sie Anspruch auf Urlaub während der Sommerferien haben. Wie bei einer halben Stelle der Urlaub angerechnet wird. Ob es sinnvoll ist, Überstunden auch selbst zu protokollieren. Wann Überstunden verfallen usw. usf.
Aus der konkreten Kompetenz in Sachen Arbeitsrecht ergeben sich eine Unmenge an konkreten Beitragsideen. Man könnte einige auch ausbauen und als Infografik visualisieren. Bei entsprechendem Budget macht vielleicht auch ein Quiz als eigene Facebook-App Sinn.
All diese Themenideen sind Inhalte, die die Zielgruppe unmittelbar interessieren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind sie auch für ihre FreundInnen interessant, also werden sie die Inhalte eher teilen.
Gleichzeitig vermitteln Sie auf diese Weise, wofür Ihre Organisation eigentlich steht. Sie zeigen Ihre Expertise in diesen Kernthemen. Das macht dann auch Ihre Organisation als solche interessant für die Zielgruppe.
Noch ein kleiner Tipp für den Alltag: In ruhigen Momenten fallen einem viele solcher konkreten Ideen ein. Gerade dann, wenn ein neuer Beitrag ansteht, hat man aber oft gar keine Ruhe für Gedankenexperimente dieser Art. Erstellen Sie sich deshalb ruhig ein einfaches Textdokument, in dem Sie stichpunktartig und hintereinander weg solche Ideen vermerken, sobald sie entstehen. Dann können Sie auf dieses Archiv zurückgreifen, falls Sie einmal zuviel um die Ohren haben und sich das auf Ihre Kreativität schlägt.